Wir bitten Sie, den Artikel in dem Wissen zu lesen, dass power2nature kein steuerrechtlicher Berater ist und auch Regulatorien sich jeder Zeit ändern können.
Dieser Artikel ist auf dem Stand der Regulatorien des 24.10.2023.
Chancen der Agri PV
Gemäß der Zielen der Bundesregierung soll bis zum Jahr 2030 80% des Strombedarfs durch erneuerbare Energien bereitgestellt werden. Durch den beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien können Flächennutzungskonflikte entstehen. Photovoltaik Freiflächenanlagen entstehen meist auf landwirtschaftlichen Flächen, die dadurch teils für den Anbau von Nutzpflanzen wegfallen, zum Beispiel Nahrung oder für die Energiegewinnung. Um die Flächen effizienter nutzen zu können und Flächennutzungskonflikte zu vermeiden, kann eine Agri-Photovoltaik-Anlage (Agri-PV-Anlage) eine geeignete Alternative darstellen. Agri PV kombiniert die Landwirtschaft mit der Stromproduktion auf einer Fläche. Die landwirtschaftliche Nutzung umfasst sowohl den Anbau von Kulturen, als auch Weidehaltung. Zudem entstehen durch die Doppelnutzung Synergieeffekte für Umwelt und Landwirtschaft. Beispielsweise können Agri-PV-Anlagen Schutzfunktionen für die landwirtschaftlichen Kulturen bieten, wie z.B. Schutz vor Hagel oder Starkregen. Des Weiteren können sie dazu beitragen, Wind abzuschirmen und somit windbedingte Erosion zu reduzieren. Die Beschattung der Fläche durch die PV-Module führt zu einer reduzierten Verdunstung, wodurch er Bewässerungsbedarf verringert werden kann.
Systeme der Agri PV
Es gibt viele Formen der Agri PV. Grundsätzlich wird zwischen offenen und geschlossenen Systemen unterschieden. Ein Beispiel für geschlossene Systeme stellen Gewächshäuser dar, auf denen sich PV-Module befinden.
Offene Agri-PV-Systeme können auf Ackerland, Dauergrünland oder im Gartenbau Anwendung finden. Hier wird zwischen hoch aufgeständerten und bodennahen Systemen differenziert.
- Hoch aufgeständerte Systeme: Bei diesem System befinden sich die Module in einer lichten Höhe von mindestens 1,20 Metern, sodass die Bewirtschaftung darunter wie gewohnt stattfinden kann.
- Bodennahe Systeme: Dabei werden die Flächen zwischen den Modulreihen für die Landwirtschaft genutzt. Die Fläche direkt unter den Modulen ist hier nicht landwirtschaftlich nutzbar, kann aber als Blühstreifen für mehr Biodiversität dienen.
Anforderungen an die Agri PV
Damit ein Projekt als Agri Photovoltaikanlage zählt, sind die Anforderungen an die landwirtschaftliche Hauptnutzung, die in der DIN SPEC 91434 niedergeschrieben sind, einzuhalten. Die DIN SPEC 91434 ist eine sogenannte Vornorm, die durch das Fraunhofer ISE und die Universität Hohenheim in Zusammenarbeit mit einem Konsortium aus Wissenschafts- und Praxispartnern und dem Deutschen Institut für Normung entwickelt und im Jahr 2021 veröffentlicht wurde.
Zu den Anforderungen zählt beispielsweise eine maximale Reduzierung der landwirtschaftlichen Fläche durch die PV-Module und Unterkonstruktion um 10% bei Kategorie I (hoch aufgeständerte Agri-PV) und um 15% bei Kategorie II (bodennahe Agri-PV). Zudem soll der Ernteertrag mindestens 66% des Referenzertrages entsprechen. Des Weiteren muss die Lichtverfügbarkeit für die Kulturen bei der Planung der Anlage beachtet werden, eine Bodenverdichtung muss vermieden werden sowie eine sichere Kabelverlegung im Boden sichergestellt sein.
Anforderungen für die Tierhaltung in Kombination mit einer Agri Photovoltaikanlage werden aktuell entwickelt und voraussichtlich Mitte 2024 in Form einer DIN SPEC veröffentlicht.
Regulatorik rund um Agri PV
Das EEG 2023 gibt der Agri-PV einen höheren Stellenwert als in der Vorgängerversion des Erneuerbaren Energien Gesetzes (EEG). Gemäß dem EEG zählen Agri-PV-Anlagen zu den „besonderen Solaranlagen“. Gefördert werden Agri-PV-Anlagen auf fast allen Acker- oder Grünlandflächen, sowie auf Flächen mit Dauerkulturen (vgl. § 37 Abs. 1 Nr. 3 a), b), c) EEG; § 48 Abs. 1 Nr. 5 a), b), c) EEG), nicht nur innerhalb des 500m Korridors entlang von Autobahnen, Schienen oder in benachteiligten Gebieten.
Die Vermarktung des Stroms erfolgt je nach installierter Leistung. Anlagen mit einer installierten Leistung von bis zu 100 Kilowattpeak (kWp) erhalten für das Einspeisen des erzeugten Stroms in das Netz eine staatlich festgelegte, einheitliche Einspeisevergütung über 20 Jahre (vgl. § 21 EEG).
Über die Direktvermarktung am Strommarkt, die für alle PV-Anlagen mit mehr als 100 kWp verpflichtend ist, ergeben sich Erlöspotenziale, die deutlich über der garantierten EEG-Vergütung liegen (vgl. §§ 20, 21 EEG).
Agri PV-Anlagen ab 1 MWp verpflichten sich zur Teilnahme an einer Ausschreibung (vgl. § 37 EEG; § 38 EEG). Seit dem EEG 2023 sind Agri-PV-Anlagen, wie alle besonderen Solaranlagen, Teil der Ausschreibung des ersten Segments, wodurch sie mit den klassischen PV-FFA konkurrieren. Hoch aufgeständerte, ausschreibungspflichtige Agri-PV-Anlagen erhalten eine zusätzliche Förderung in Form eines Technologiebonus von 1,2 ct/kWh (vgl. § 38b, Absatz 1 EEG). Mit dem Solarpaket I soll zum 1. Januar 2024 ein eigenes Ausschreibungssegment für hoch aufgeständerte Agri-PV-Anlagen, zusammen mit Floating-PV, Parkplatz-PV und Moor-PV, entstehen.
Steuerrechtlich können Agri-PV-Anlagen unter bestimmten Voraussetzungen weiterhin dem landwirtschaftlichen Betriebsvermögen zugeordnet werden können, so dass sie weiterhin über die Vorteile des Erbschaftssteuerrechts verfügen können.
Darüber hinaus werden weiterhin die Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) geleistet, sofern die Flächenreduzierung durch die PV-Anlage um höchstens 15% erfolgt. Allerdings werden dann auch nur 85% der Fläche gefördert. (§ 12 Abs. 5 des GAPDZV)
Vergleich Agri PV und Photovoltaik Freiflächenanlagen
Wie beschrieben bietet Agri PV, die Vorteile der Flächeneffizienz und der gleichzeitigen Verfolgung landwirtschaftlicher und energiepolitischer Ziele.
Durch die aufwendigere Unterkonstruktion und die hohen Stahlkosten sind Agri-PV-Anlagen jedoch kostspieliger als klassische PV Freiflächenanlagen. Die Stromerlöse sind in der Regel durch die höheren Reihenabstände, und dadurch geringerer installierter Leistung pro Fläche, niedriger.
Die Verschmutzung der Module kann ebenso eine Rolle spielen. Durch die zeitgleiche Nutzung der Fläche für die Landwirtschaft können die Module durch die Bodenbearbeitung stärker verschmutzt werden als bei einer klassischen PV Freiflächenanlage. Auch Steinschlag durch landwirtschaftliche Maschinen können die Module, vor allem bei bodennahen Systemen, beschädigen.
power2nature vertritt den Ansatz, dass Landwirtschaft und Energieerzeugung Hand in Hand gehen. Die Landnutzungseffizienz wird durch die Kombination aus primärer Agrarproduktion und sekundärer Solarstrom-Produktion deutlich gesteigert. Die Nutzung von Agri-PV bieten ein hohes Potenzial für eine nachhaltige Energiewende. Mit unseren Partnergemeinden und Partnerbetrieben sind wir im regelmäßigen Austausch zu den aktuellen rechtlichen und technischen Entwicklungen der Agri-PV.
Wichtig: Wir selbst dürfen rechtlich und steuerrechtlich nicht beraten, können jedoch gerne bei der Vermittlung geeigneter Anwälte und Steuerberater rund um die oben genannten Themen unterstützen.
Quelle des Titelbildes: https://sunagri.fr/en/